Studenten, die jenseits des Lehrplans nachdenken? Geht gar nicht!
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König Georg regiert England, Irland, Hannover, Braunschweig und beweist 1819 seine Bündnistreue. |
(14) Bekanntmachung
des deutschen Bundestags-Beschlusses, die in Ansehung der
Universitäten zu ergreifenden Maßregeln betreffend. D. D.
Braunschweig,
den 25sten October
1819.
GEORG, von Gottes
Gnaden, Prinz-Regent des vereinigten Königreich-Großbritannien und
Irland, auch des Königreichs Hannover, Herzog zu
Braunschweig-Lüneburg ec. In vormundschaftlicher Regierung Unsers
vielgeliebten Vetters, Herrn Carl, Herzogs zu Braunschweig-Lüneburg.
ec.
Demnach die Deutsche
Bandes-Versammlung am
20sten September d.
J. folgenden Beschluß genommen hat:
§.
1.
Es soll bei jeder
Universität ein, mit zweckmäßigen Instructionen und ausgedehnten
Befugnissen Versehener, am Orte der Universität residirender
außerordentlicher landesherrlicher Bevollmächtigter, entweder in
der Person des bisherigen Kurators, oder eines andern, von der
Regierung dazu tüchtig befundenen Mannes, angestellt werden.
Das Amt dieses
Bevollmächtigten soll seyn: über die strengste Vollziehung der
bestehenden Gesetze und Disciplinnar-Vorschriften zu wachen; den
Geist in welchem die akademischen Lehrer bei ihren öffentlichen und
Privat-Vorträgen verfahren, sorgfältig zu beobachten, und
demselben, jedoch ohne unmittelbare Einmischung in das
Wissenschaftliche und die Lehrmethoden, eine heilsame, an die
künftige Bestimmung der studirenden Jugend berechnete Richtung zu
geben, endlich Allem, was zur Beförderung der Sittlichkeit, der
guten Ordnung und des äußern Anstandes unter den Studirenden dienen
kann, seine unausgesetzte Aufmerksamkeit zu widmen.
Das Verhältnis
dieser außerordentlichen Bevollmächtigten zu den akademischen
Senaten soll, so wie Alles, was auf die nähere Bestimmung ihres
Wirkungskreises und ihrer Geschäftsführung Bezug hat, in den ihnen
Von ihrer obersten Staatsbehörde zu ertheilenden Instruktionen, mit
Rücksicht auf die Umstände, durch welche die Ernennung dieser
Bevollmächtigten veranlaßt worden ist , so genau als möglich
festgesetzt werden.
§.
2.
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Seite 85. |
Die
Bundesregierungen verpflichten sich gegen einander, Universitäts-
und andere öffentliche Lehrer, die durch erweisliche Abweichung von
ihrer Pflicht, oder Ueberschreitung der Grenzen ihres Berufes, durch
Mißbrauch ihres rechtmässigen Einflusses auf die Gemüther der
Jugend, durch Verbreitung verderblicher, der öffentlichen Ordnung
und Ruhe feindseliger, oder die Grundlagen der bestehenden
Staatseinrichtungen untergrabender Lehren, ihre Unfähigkeit zu
Verwaltung des ihnen anvertrauten wichtigen Amtes unverkennbar an den
Tag gelegt haben, von den Universitäten und sonstigen Lehranstalten
zu entfernen, ohne daß ihnen hierbei, so lange der gegenwärtige
Beschluß in Wirksamkeit bleibt, und bis über diesen Punkt
definitive Anordnungen ausgesprochen seyn werden, irgend ein
Hindernis im Wege stehen könne. Jedoch soll eine Maaßregel dieser
Art nie anders, als auf den vollständig motivierten Antrag des der
Universität Vorgesetzten Regierungsbevollmächtigten, oder von
demselben vorher eingeforderten Bericht, beschlossen werden. Ein aus
solche Weise ausgeschlossener Lehrer darf in keinem andern
Bundesstaate bei irgend einem öffentlichen Lehr-Institute wieder
angestellt werden.
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Seite 86. |
§.
3.
Die seit langer Zeit
bestehenden Gesetze gegen geheime oder nicht autorisirte Verbindungen
aus den Universitäten sollen in ihrer ganzen Kraft und Strenge
aufrecht erhalten, und insbesondere auf den seit einigen Jahren
gestifteten unter dem Namen der allgemeinen Burschenschaft bekannten
Verein um so bestimmter ausgedehnt werden, bis diesem Vereine die
schlechterdings unzulässige Voraussetzung einer fortdauernden
Gemeinschaft und Correspondenz zwischen den verschiedenen
Universitäten zum Grunde liegt. Den Regierungs-Bevollmächtigten
soll in Ansehung dieses Punctes eine vorzügliche Wachsamkeit zur
Pflicht gemacht werden. Die Regierungen vereinigen sich darüber, daß
Individuen, die nach Bekanntmachung des gegenwärtigen Beschlusses
erweislich in geheimen, oder nicht autorisirten Verbindungen
geblieben, oder in solche getreten sind, bei keinem öffentlichen
Amte zugelassen werden sollen.
§.
4.
Kein Studirender,
der durch einen von dem Regierungsbevollmächtigten bestätigten,
oder auf dessen Antrag erfolgten Beschluß eines akademischen Senats
von einer Universität verwiesen worden ist, oder der, um einem
solchen Beschlusse zu entgehen, sich von der Universität entfernt
hat, soll auf einer andern Universität zugelassen, auch überhaupt
kein Studirender ohne ein befriedigendes Zeugniß seines
Wohlverhaltens aus der von ihm verlassenen Universität, von irgend
einer andern Universität ausgenommen werden.
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Universitätssouveränität Adé. |
So haben Wir solchen
Beschluß hiedurch zur allgemeinen Kenntnis zu bringen keinen Anstand
nehmen wollen, und vertrauen Wir zu denen an Universitäten sich
befindenden hiesigen Landeskindern, daß sie durch ein vorsichtiges
und richtiges Betragen und durch Vermeidung aller Theilnahme an
geheimen oder nicht autorisierten Verbindungen, die im vorstehenden
Beschlusse angedeuteten üblen Folgen vermeiden werden, welche, wenn
selbige gegen sie zur Anwendung gebracht werden müßten, für ihre
ganze Zukunft von dem nachtheiligsten Einflusse seyn würden. Wie Wir
denn zum Ueberflusse noch die Eltern, Vormünder und Angehörigen
gedachter Studirenden hiedurch besonders auffordern, sie auf den
Inhalt der §§. 3 und 4 des Beschlusses zur reiflichsten Erwägung
und Befolgung dringend aufmerksam zu machen.
Urkundlich Unserer
Unterschrift und beigedruckten Fürstl. Geheimen Canzlei-Siegels.
Braunschweig,
den 25 sten October 1819.
v.
Schmidt-Phiseldeck. v. Schleinitz
Ende.