Freitag, 29. November 2019

Vortragsplan für 2020. Prof. Biegel

Aufgrund Covid-Pandemie 04/2020 abgesagt:

Liebe Raabe-, Literatur- und Geschichtsfreunde,

mit unseren Eschershäuser Geschichtsvorträgen im Museum Raabehaus wollen wir zur Vermittlung von Wilhelm Raabe ebenso weiter beitragen, wie über unsere eigenen kulturhistorischen Forschungen berichten. Wichtiges Anliegen bleibt es für uns auch weiterhin, den Eschershäuser Kultur –und Heimatfreunde Anregungen zu geben, um Wilhelm Raabe, seine Zeit und seine Wirkungsgeschichte vertiefend kennenzulernen. Er ist der »große Sohn der kleinen Stadt« und mit seinem Werk weit über regionale Grenzen hinaus von Bedeutung. Das Museum Raabehaus in Eschershausen ist daher letztlich ein ernsthafter nationaler Kulturort, auf den es stets aufmerksam zu machen gilt, um Menschen für Raabe und für seine Geburtsstadt zu interessieren. 
Museum Raabehaus in Eschershausen Frontansicht.
Museum Raabehaus ca. 2012. G.Biegel
Aus Anlaß des 100. Geburtstags Raabes wurde am 9. September 1931 das Raabe-Denkmal in Eschershausen eingeweiht, das Wilhelm Raabe zeigt in einem geschlossenen Mantel und die Hände in den Manteltaschen vergraben. Das Denkmal ist eine Arbeit des Braunschweiger Bildhauers Karl Sagebiel und wurde am 9. September 1931 in Anwesenheit zahlreicher Honoratioren, darunter den Töchtern Raabes sowie einiger Enkel, eingeweiht. Im Jahre 1941 war der Bestand des Denkmals in Eschershausen bedroht. Die Engpässe in der Versorgung ließen einige Zeitgenossen ein ganz neues Interesse an der Raabe-Statue finden. Plötzlich rückte der Materialwert in den Mittelpunkt des Interesses und das Denkmal war vom Einschmelzen bedroht. Der Bürgermeister legte in einer Eingabe Beschwerde ein und betonte, daß »das Denkmal [...] eine Wallfahrtsstätte für die vielen Freunde des Dichters, die alljährlich das Weserbergland besuchen [sei]«. Auf einem Formular, das eine Stellungnahme der Gemeinde einforderte, hatte der Bürgermeister angekreuzt: »Das Denkmal soll erhalten bleiben, weil es – künstlerischen [...] – heimatlichen Wert hat«. Die Rubrik »politisch« hatte die Gemeinde gemäß der Vorgabe »Nichtzutreffendes ist durchzustreichen« gestrichen. Die Gemeinde und ihre Bürgerschaft kämpften um »ihren« Raabe und es bedarf auch heute wieder des Kampfes der Bürgerschaft, um die politischen Vertreter der Stadt an ihre Verantwortung zu erinnern, die heute offenbar leichter beiseitegeschoben werden kann, als 1941?

Hatte einst ein Bürger dieser Stadt ein Vermögen gestiftet, um das Raabehaus zu bewahren und museal zum Denkmal für Wilhelm Raabe zu machen, so scheint heutzutage der Kommerz die Kultur zu übertrumpfen und das Museum Raabehaus in seiner Existenz leichtfertig in Frage zu stellen. Daher müssen wir in Eschershausen die Verantwortlichen in der Stadt und Samtgemeinde daran erinnern, daß das Bekenntnis der Stadt und ihrer Bürger zu »Ihrem« Wilhelm Raabe selbst in schlimmsten Zeiten bewahrt wurde und sich mehr als 70 Jahre durchaus gelohnt hat. Dieses Vermächtnis darf nicht leichtfertig aufgegeben werden, denn Eschershausen war und muß bleiben die »Raabestadt Eschershausen«. Unsere Aktivitäten von Museum Raabehaus, Heimat –und Kulturverein, Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte und Geschichtsvermittlung, TU Braunschweig und Internationale Raabe-Gesellschaft e. V. sollen dazu beitragen, die Bedeutung Raabes zu vermitteln und auch zukünftig für Eschershausen zu werben.

Dazu hoffen wir auf Ihr Interesse und weiterhin eine rege Teilnahme an den Vorträgen der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V. und des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte und Geschichtsvermittlung, TU Braunschweig im Raabemuseum Eschershausen, zu denen wir Sie alle herzlich einladen.
    Ihr                   
 
Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel
Gründungsdirektor Institut für Braunschweigische Regionalgeschichte und Geschichtsvermittlung, TU Braunschweig, Präsident der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V. und Ehrenmitglied des Heimat –und Kulturvereins Eschershausen e.V.


PROGRAMM 2020

Freitag, 24. April 2020, 18.00 Uhr Vortrag
»Nationaler Kulturort oder
Abstellkammer der Lokalgeschichte?«
Reflexionen des Raabepräsidenten zur Bedeutung des
Museums Raabehaus in Eschershausen.
Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel

Freitag, 12. Juni 2020, 18.00 Uhr Vortrag
»Von Schritt zu Schritt wurde das Vergangene lebendig.«
Der Weserdistrikt als Wilhelm Raabes dominante
»Erinnerungslandschaft« – ein Ausflug in eine vergessene 
»Geschichtslandschaft« im Spiegel der Literatur.
 Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel und Dr. Angela Klein

Freitag, 18. August 2020, 18.00 Uhr Vortrag
»Der verfluchte Jude.«
Raabes jüdische Welt – zusammenhangslose Ressentiments und reflektierende Rezeption.
Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel

Sonntag, 6. September 2020, 16.00 Uhr (!!) Vortrag und Empfang
»Hätte Raabe mehr Kritik, so wäre er absolut Nummer eins.«
Raabe und Fontane – zwei historische Literaten, 
eine vergleichende Betrachtung.
Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel und Dr. Angela Klein

Ende.

Mittwoch, 20. November 2019

Feierstunde 20 Jahre Raabehaus


Kleine Museen sind wichtig!


Als Wilhelm Raabe am 8. September 1831 in Eschershausen geboren wurde, konnte noch niemand ahnen, welche Bedeutung seine Person und sein Wirken für die Stadt einst haben würden. Heute gilt Raabe, sein Leben und Werk, sowie die Erinnerung an all das als identitätsstiftend für die einst kleines Stadt im Herzogtum Braunschweig, die sich heute selbstbewusst und mit großer Selbstverständlichkeit Raabestadt nennt. Einen großen Beitrag zur Erinnerungskultur leistet dabei das Geburtshaus Wilhelm Raabes, das seit Jahrzehnten als Erinnerungsstätte an einen der bedeutendsten Dichter des Landes dient.
Mit einer Feierstunde erinnerte jetzt der Heimat- und Kulturverein Eschershausen an die Neueröffnung des Museums Raabehaus vor 20 Jahren. Die Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Ingrid Reuther, zugleich seit vielen Jahren auch Museumsleiterin im Raabehaus, konnte zahlreiche Gäste zu diesem kleinen, aber durchaus bedeutenden Jubiläum begrüßen. Bedeutend deshalb, weil es in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit ist, das gerade sehr kleine Museen weiterbestehen. Das jedenfalls ist der Tenor in den Grußworten der Vertreter von Rat und Verwaltung und dem beeindruckenden Festvortrag des Präsidenten der internationalen Raabegesellschaft, Prof. Dr. h.c. Gerd Biegel, der eigens zur Feierstunde aus Braunschweig angereist war.
Eschershausens Stadtdirektor Jürgen Meyer würdigt zu Beginn der Feierstunde das große ehrenamtliche Engagement all derer, die zum Betrieb und Erhalt des Museum Raabehaus beitragen. Meyer erinnerte an den Um- und Ausbau des Hauses und betonte, dass es trotz großer finanzieller Schwierigkeiten gelungen sei, das Museum als solches zu erhalten. Dennoch könne der finanzielle Schwerpunkt der Stadt angesichts großer Herausforderungen beim Straßenbau und dem Hochwasserschutz aktuell nicht beim Museum liegen, so der Stadtdirektor weiter.
Gruppenbild der geehrten Damen und Herren und Rednern.
Gruppenbild. Ausriss TAH 19.NOV.2019.
Wohltuender hingegen die Worte des Bürgermeisters. Hermann Gruppe ließ den Rotstift in der Tasche und verteilte stattdessen Lob an den Verein für seine Bemühungen, den Menschen Raabe näherzubringen. Einen großen Blumenstrauß obendrauf gab es für Ingrid Reuther. Sie neige dazu, Lob und Anerkennung vorwiegend über ihre Mitstreiter auszuschütten. Doch im Grunde sei immer sie es, die vorweg geht, so der Bürgermeister anerkennend. 
Blumenstrauß für Ingrid Reuther.
Ingrid Reuther hier mit Blumen geehrt. ML
Im Anschluss war es dann Professor Biegel, das Leben Wilhelm Raabes und die Geschichte des Raabehauses näher zu beleuchten. Dabei holte Biegel, so darf man es wohl nennen, zu einem Rundumschlag gegen Sparmaßnahmen im Kultur- und Bildungsbereich aus und brach dabei eine Lanze für den Erhalt auch noch so kleiner Museen. „Museen, ob groß oder klein waren und sind Wissenschaftseinrichtungen und Bildungsinstitute mit einem zentralen Bildungsauftrag“, so der Präsident der internationalen Raabegesellschaft. „Ohne die museale Bildungsarbeit droht der Verlust des Wissens um die Geschichte und damit der wichtigsten Voraussetzungen unserer kulturellen und gesellschaftlichen Identität“ so Biegel weiter.
Biegel betonte, dass das Raabehaus in der Gegenwart einen wichtigen Beitrag zur Rezeption von Leben und Werk Wilhelm Raabes leistet. „Es zählt zu den bedeutendsten literarischen Museen in Niedersachsen“, so Biegel. Mit Blick auf den Dichter Raabe ist er sicher: „Was Theodor Fontane für Brandenburg war und ist, bedeutet Wilhelm Raabe für Niedersachsen.“ Dabei sei Raabe aktuell. Mit seinem Roman “Pfisters Mühle“ war er der Erste, der auf die ökologischen Gefahren der Umweltverschmutzung hingewiesen hatte, und mit seiner Version von den „Vereinigten Staaten von Europa“ in „Abu Telfan“ gewinnt er gerade in unserer Zeit weitere Aktualität, betont Biegel. Deshalb seine Forderung, dass das Geburtshaus in Eschershausen, das eine angemessene Stätte zur musealen Würdigung von Leben und Werk Wilhelm Raabes darstellt, auch als solche erhalten bleiben muss.
Im Rahmen der Feierstunde kam es dann noch zu besonderen Würdigungen und Ehrungen. Anne Gömann und das Ehepaar Hertha und Bernhard Wolff konnten Präsente und Blumen für ihr langes, ehrenamtliches Engagement im Verein entgegennehmen. Eine besondere Ehrung wurde an diesem Tag Prof. Dr. Biegel zuteil. Er wurde zum Ehrenmitglied des Heimat- und Kulturvereins ernannt und konnte aus den Händen des Geschäftsführers Ralph Meyer eine stattliche Urkunde entgegennehmen. 

Prof. Biegel jetzt Ehrenmitglied.
Ehrung für jahrelanges Engagement.
Mit einem gemeinsamen Imbiss klang die Feierstunde zum Jubiläum aus. 
Die musikalischen Untermalung des Abends gestalteten Sabine Kaufmann (Flöte) und Martin Zingerling (Klavier).

Text und Foto: Jürgen Bommer. Täglicher Anzeiger Holzminden.



Hier ein sehens- und hörenswerter Mitschnitt, denn die Festrede eröffnete Prof. Biegel mit einer Attacke.


Ende.

Donnerstag, 7. November 2019

Der Umweltroman - wer hat's erfunden?


Die RÖMER hatten bei ihrer Metallgewinnung 


ganze Berglandschaften verwüstet – was auch damals schon Niederschrift fand. GOETHE wies aufgrund seiner Bergbauerfahrung z.B. im Harz darauf hin, dass die Menschheit wohl in 150 Jahren erledigt sei, wenn man die Umwelt weiter so behandeln würde. Angeregt durch eigene Erfahrungen und Beobachtungen in der Welt hat Wilhelm Raabe das Thema literarisch verarbeitet.


Zuerst in Abu Telfan 1865/1867, Kapitel 7, beim Anblick der Katzenmühle:
Den Bach hat der Teufel geholt, – wollt‘ ich sagen das 19. Jahrhundert, und es ist ein Jammer und Schaden um seine Forellen … oben im Lande war bereits der Grund zu den Fabriken gelegt, welche den Bach fraßen“.

Räuber im Ökotop - die Forelle.
Regenbogenforelle. Wikipedia, gemeinfreies Bild.
Zum anderen wurde Raabe angeregt durch den Gerichtsprozess, der die Grundlage des Romans „Pfisters Mühle“ von 1884 ist. 
Der Roman "Pfisters Mühle" ist harte Lesekost und nicht für den schnellen Romanleser. Beim Lesen wird er auch nicht besser, wenn man dabei schon auf das Ende schielt. Wenn Sie gleich von Anfang an analytisch herangehen, bleiben Ihnen Ächz-Emotionen erspart. 😈

Zu den Begleitumständen von Pfisters Mühle siehe auch:
Raabe-Kalender 1948, S. 70. Wie Pfisters Mühle entstand. Ernst-August Roloff.

Es finden sich aber immer wieder einzelne Sätze in den anderen Romanenselbst noch im letzten Werk „Altershausen.“

Hören Sie zu Raabe allgemein und zu seiner Pioniertat im Besonderen einen 20 minütigen Radiobeitrag vom Bayern Radio vom 28. Mai 2015.


Ende.

Montag, 4. November 2019

„Federansetzungstag“ und Todestag von Wilhelm Raabe


Am 15. November 1854 

nimmt das Leben des gerade einmal 23-jährigen Wilhelm Raabe eine bedeutungsvolle Wendung. Vom Sommersemester 1854 bis zum Wintersemester 1855/56 besuchte Wilhelm Raabe als Gasthörer die Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin. Wie die Testate seiner Professoren belegen, besuchte er gewissenhaft Vorlesungen zur Literatur- und Kulturgeschichte, Kunstgeschichte und Ästhetik. Die Vorlesungen ergänzte ein eifriger Besuch der Museen, in denen er ganze Tage zubrachte. 

In diese Zeit fiel der Beginn der Arbeit an der „Chronik der Sperlingsgasse“. Raabe will am 15. November 1854 mit der Niederschrift begonnen haben: „Ich hatte mir das gelbe Papier aus einer leeren Zigarrenkiste herausgerissen, darauf habe ich die Sperlingsgasse begonnen“. 

Raabe selbst hat die Rede von seiner Berufung zum Dichter mit der Stilisierung des „Federansetzungstages“ gefördert; seine Verehrer haben diesen Mythos bis in die Gegenwart gepflegt. 

Wie es die Ironie des Schicksals will, stirbt Raabe genau am 56. Jahrestag dieses Ereignisses, nämlich am 15. November 1910, nach längerer Krankheit in Braunschweig. 

Die Wirkung seiner rund 70 Romane, Erzählungen, Novellen hält bis heute an. Wer noch mehr über Wilhelm Raabe und sein Werk „Die Chronik der Sperlingsgasse“ wissen möchte, ist im Raabe Museum gern gesehen.

Ausriss aus dem TAH vom 4. November 2019.

Ende.