Kleine Museen sind wichtig!
Als Wilhelm Raabe am 8. September 1831 in Eschershausen geboren
wurde, konnte noch niemand ahnen, welche Bedeutung seine Person und
sein Wirken für die Stadt einst haben würden. Heute gilt Raabe,
sein Leben und Werk, sowie die Erinnerung an all das als
identitätsstiftend für die einst kleines Stadt im Herzogtum
Braunschweig, die sich heute selbstbewusst und mit großer
Selbstverständlichkeit Raabestadt nennt. Einen großen Beitrag zur
Erinnerungskultur leistet dabei das Geburtshaus Wilhelm Raabes, das
seit Jahrzehnten als Erinnerungsstätte an einen der bedeutendsten
Dichter des Landes dient.
Mit einer
Feierstunde erinnerte jetzt der Heimat- und Kulturverein
Eschershausen an die Neueröffnung des Museums Raabehaus vor 20
Jahren. Die Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Ingrid Reuther,
zugleich seit vielen Jahren auch Museumsleiterin im Raabehaus, konnte
zahlreiche Gäste zu diesem kleinen, aber durchaus bedeutenden
Jubiläum begrüßen. Bedeutend deshalb, weil es in der heutigen Zeit
keine Selbstverständlichkeit ist, das gerade sehr kleine Museen
weiterbestehen. Das jedenfalls ist der Tenor in den Grußworten der
Vertreter von Rat und Verwaltung und dem beeindruckenden Festvortrag
des Präsidenten der internationalen Raabegesellschaft, Prof. Dr.
h.c. Gerd Biegel, der eigens zur Feierstunde aus Braunschweig
angereist war.
Eschershausens
Stadtdirektor Jürgen Meyer würdigt zu Beginn der Feierstunde das
große ehrenamtliche Engagement all derer, die zum Betrieb und Erhalt
des Museum Raabehaus beitragen. Meyer erinnerte an den Um- und Ausbau
des Hauses und betonte, dass es trotz großer finanzieller
Schwierigkeiten gelungen sei, das Museum als solches zu erhalten.
Dennoch könne der finanzielle Schwerpunkt der Stadt angesichts
großer Herausforderungen beim Straßenbau und dem Hochwasserschutz
aktuell nicht beim Museum liegen, so der Stadtdirektor weiter.
Gruppenbild. Ausriss TAH 19.NOV.2019. |
Wohltuender hingegen
die Worte des Bürgermeisters. Hermann Gruppe ließ den Rotstift in
der Tasche und verteilte stattdessen Lob an den Verein für seine
Bemühungen, den Menschen Raabe näherzubringen. Einen großen
Blumenstrauß obendrauf gab es für Ingrid Reuther. Sie neige dazu,
Lob und Anerkennung vorwiegend über ihre Mitstreiter auszuschütten.
Doch im Grunde sei immer sie es, die vorweg geht, so der
Bürgermeister anerkennend.
Im Anschluss war es dann Professor
Biegel, das Leben Wilhelm Raabes und die Geschichte des Raabehauses
näher zu beleuchten. Dabei holte Biegel, so darf man es wohl nennen,
zu einem Rundumschlag gegen Sparmaßnahmen im Kultur- und
Bildungsbereich aus und brach dabei eine Lanze für den Erhalt auch
noch so kleiner Museen. „Museen, ob groß oder klein waren und sind
Wissenschaftseinrichtungen und Bildungsinstitute mit einem zentralen
Bildungsauftrag“, so der Präsident der internationalen
Raabegesellschaft. „Ohne die museale Bildungsarbeit droht der
Verlust des Wissens um die Geschichte und damit der wichtigsten
Voraussetzungen unserer kulturellen und gesellschaftlichen Identität“
so Biegel weiter.
Ingrid Reuther hier mit Blumen geehrt. ML |
Biegel betonte, dass
das Raabehaus in der Gegenwart einen wichtigen Beitrag zur Rezeption
von Leben und Werk Wilhelm Raabes leistet. „Es zählt zu den
bedeutendsten literarischen Museen in Niedersachsen“, so Biegel.
Mit Blick auf den Dichter Raabe ist er sicher: „Was Theodor Fontane
für Brandenburg war und ist, bedeutet Wilhelm Raabe für
Niedersachsen.“ Dabei sei Raabe aktuell. Mit seinem Roman “Pfisters
Mühle“ war er der Erste, der auf die ökologischen Gefahren der
Umweltverschmutzung hingewiesen hatte, und mit seiner Version von den
„Vereinigten Staaten von Europa“ in „Abu Telfan“ gewinnt er
gerade in unserer Zeit weitere Aktualität, betont Biegel. Deshalb
seine Forderung, dass das Geburtshaus in Eschershausen, das eine
angemessene Stätte zur musealen Würdigung von Leben und Werk
Wilhelm Raabes darstellt, auch als solche erhalten bleiben muss.
Im Rahmen der
Feierstunde kam es dann noch zu besonderen Würdigungen und Ehrungen.
Anne Gömann und das Ehepaar Hertha und Bernhard Wolff konnten
Präsente und Blumen für ihr langes, ehrenamtliches Engagement im
Verein entgegennehmen. Eine besondere Ehrung wurde an diesem Tag
Prof. Dr. Biegel zuteil. Er wurde zum Ehrenmitglied des Heimat- und
Kulturvereins ernannt und konnte aus den Händen des Geschäftsführers
Ralph Meyer eine stattliche Urkunde entgegennehmen.
Prof. Biegel jetzt Ehrenmitglied. Ehrung für jahrelanges Engagement. |
Mit einem
gemeinsamen Imbiss klang die Feierstunde zum Jubiläum aus.
Die
musikalischen Untermalung des Abends gestalteten Sabine Kaufmann
(Flöte) und Martin Zingerling (Klavier).
Text und Foto:
Jürgen Bommer. Täglicher Anzeiger Holzminden.
Hier ein sehens- und hörenswerter Mitschnitt, denn die Festrede eröffnete Prof. Biegel mit einer Attacke.
Hier ein sehens- und hörenswerter Mitschnitt, denn die Festrede eröffnete Prof. Biegel mit einer Attacke.
Ende.