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Verordnungs-Sammlung
für
die
Herzogl.
Braunschweigischen Lande.
6ter
Jahrgang 1819.
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Verordnungssammlung 1819, Jahrg.6. |
Verordnungs-Sammlung
Nro.
10.
Braunschweig,
den 2. November 1819.
(21.)
Verordnung, die Censur der Druckschriften betreffend.
D. D.
Braunschweig, den 25sten October 1819.
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§ 1. Seite 71 |
Da
in der 35sten Sitzung der Bundesversammlung vom 20sten September d.
J. folgende provisorische Bestimmungen über die Censur und den Debit
der Druckschriften beschlossen worden sind:
§. 1.
So
lange, als der gegenwärtige Beschluß in Kraft bleiben wird, dürfen
Schriften, die in der Form täglicher Blätter oder heftweise
erscheinen, desgleichen solche, die nicht über zwanzig Bogen im
Druck stark sind, in keinem Deutschen Bundesstaate ohne Vorwissen und
vorgängige Genehmhaltung der Landesbehörden zum Druck befördert
werden.
Schriften,
die nicht in eine der hier namhaft gemachten Classen gehören, werden
fernerhin nach den in den einzelnen Bundesstaaten erlassenen, oder
noch zu erlassenden Gesetzen behandelt. Wenn dergleichen Schriften
aber irgend einem Bundesstaate Anlaß zur Klage geben; so soll diese
Klage im Namen der Regierung, an welche sie gerichtet ist, nach den
in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Formen, gegen die
Verfasser oder Verleger der dadurch betroffenen Schrift erledigt
werden.
§. 2.
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Seite 72. |
§. 3.
Da
der gegenwärtige Beschluß durch die unter den obwaltenden Umständen
von den Bundesregierungen anerkannte Nothwendigkeit vorbeugender
Maßregeln gegen den Mißbrauch der Presse veranlaßt worden ist: so
können die auf gerichtliche Verfolgung und Bestrafung der im Wege
des Drucks bereits verwirklichten Mißbräuche und Vergehungen
abzweckenden Gesetze, insoweit sie auf die im §. 1. bezeichneten
Classen von Druckschriften anwendbar seyn sollen, so lange dieser
Beschluß in Kraft bleibt, in keinem Bundesstaate als zureichend
betrachtet werden.
§. 4.
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Seite 73. |
§. 5.
Damit
aber diese, in dem Wesen des Deutschen Bundesvereins gegründete, von
dessen Fortdauer unzertrennliche, wechselseitige Verantwortlichkeit
nicht zu unnützen Störungen des zwischen den Bundesstaaten
obwaltenden freundschaftlichen Verhältnisses Anlaß geben möge, so
übernehmen sämmtliche Mitglieder des Deutschen Bundes die
feierliche Verpflichtung gegen einander, bei der Aufsicht über die
in ihren Ländern erscheinenden Zeitungen, Zeit- und Flugschriften
mit wachsamen Ernste zu verfahren, und diese Aufsicht dergestalt
handhaben zu lassen, daß dadurch gegenseitigen
Klagen
und unangenehmen Erörterungen aus jede Weise möglichst vorgebeugt
werde.
§. 6.
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Seite 74. |
Die Bundesversammlung soll außerdem befugt seyn, die zu ihrer Kenntniß gelangenden, unter der Hauptbestimmung des §. 1 begriffenen Schriften, in welchem Deutschen Staate sie auch erscheinen mögen, wenn solche, nach dem Gutachten einer von ihr ernannten Commission, der Würde des Bundes, der Sicherheit einzelner Bundesstaaten oder der Erhaltung des Friedens und der Ruhe in Deutschland zuwiderlaufen, ohne vorhergegangene Aufforderung aus eigener Autorität durch einen Ausspruch, von welchem keine Appellation statt findet, zu unterdrücken, und die betreffenden Regierungen sind verpflichtet, diesen Ausspruch zu vollziehen.
§. 7.
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Seite 75. |
Die
Verfasser, Herausgeber und Verleger der unter der Hauptbestimmung des
§. 1 begriffenen Schriften bleiben übrigens, wenn sie den
Vorschriften dieses Beschlusses gemäß gehandelt haben, von aller
weiteren Verantwortung frei, und die im §. 6 erwähnten Aussprüche
der Bundesversammlung werden ausschließend gegen die Schriften, nie
gegen die Personen gerichtet.
§. 8.
Sämmtliche
Bundesglieder verpflichten sich, in einem Zeitraume von zwei Monaten
die Bundesversammlung von den Verfügungen und Vorschriften, durch
welche sie dem §. 1 dieses Beschlusses Genüge zu leisten gedenken,
in Kenntniß zu setzen.
§. 9.
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Seite 76. |
§. 10.
Der
gegenwärtige einstweilige Beschluß soll, vom heutigen Tage an, fünf
Jahre lang in Wirksamkeit bleiben. Vor Ablauf dieser Zeit soll am
Bundestage gründlich untersucht werden, auf welche Weise die, im
18ten Artikel der Bundesacte in Anregung gebrachten, gleichförmigen
Verfügungen über die Preßfreiheit in Erfüllung zusetzen seyn
möchten, und demnächst ein Definitiv-Beschluß über die
rechtmäßigen Grenzen der Preßfreiheit in Deutschland erfolgen.
so
wollen Wir, in Gemäßheit desselben, Folgendes hierdurch verordnen
und festsetzen:
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Seite 77. |
Zweitens:
Für die Städte, in welchen sich Druckereien befinden, nämlich
Braunschweig, Wolfenbüttel, Helmstedt und Blankenburg, sollen zu
diesem Ende Censoren bestellt, und deren Ernennung zur allgemeinen
Kenntniß gebracht werden.
Drittens:
Dieselben werden vorläufig, statt weiterer Instructionen, auf den
Inhalt des vorstehenden Beschlusses der Deutschen Bundesversammlung
zur genauesten Befolgung verwiesen.
Viertens:
Was diejenigen Schriften betrifft, welche zu der Classe der im §. 1
des Beschlusses erwähnten nicht gehören, so bleibt es bei den
Bestimmungen der Censur-Verordnung vom 28sten März 1814, so wie es
auch bis auf Weiteres bei den Bestimmungen des §. 5 Nr. 1 und 3
derselben, in Ansehung der darin für besondere Gegenstände
bestimmten Censur-Behörden, und übrigens denjenigen Verfügungen
sein Bewenden behält, welche in Folge dieser Verordnung bereits
erlassen sind.
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Seite 78. |
Sämmtliche
hiesige Landeseinwohner, besonders aber die Obrigkeiten, Censoren,
Buchhändler und Buchdrucker haben hienach sich gebührend zu achten.
Urkundlich
Unserer Unterschrift und beigedruckten Fürstl. Geheimen
Canzlei-Siegels.
Braunschweig, den
25sten October 1819.
Auf Höchsten
Special-Befehl
v.
Schmidt-Phiseldeck. v. Schleinitz.
Ende.